Dekanat Rodgau

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    Prüft alles, und behaltet das Gute

     

    ANgeDACHT zur Jahreslosung 2025 von Pfarrerin Birgit Schlegel, stellvertretende Dekanin im Evangelischen Dekanat Dreieich-Rodgau

    Prüft alles und behaltet das Gute. (1. Thess. 5,21)

    Ratlos stehe ich in der Schokoladenabteilung eines großen Kaufhauses. Ich suche ein süßes Mitbringsel für einen spontanen Besuch bei einer Freundin. Aber was soll ich ihr nun mitbringen? Hunderte von Packungen schauen mich erwartungsvoll an. Wo anfangen? Was nehmen?

    Gut schmecken soll es. Und schön aussehen. Zu teuer sollte es aber auch nicht werden. (Ich hoffe, sie liest das jetzt nicht.) Fair muss es sein. Unbedingt. Damit die Kakaobauern von ihrer Arbeit leben können. Und ohne Kinderarbeit, natürlich. Da fällt allerdings schon fast alles weg, wie ich vor wenigen Wochen in einer Dokumentation über Kakaoanbau in Afrika, dem größten Produzenten von Kakao, erfahren habe. 

    Prüfend nehme ich mal hier, mal dort etwas in die Hand, lese die Angaben auf dem Einwickelpapier oder dem Karton, lege es wieder zurück. Zum Schluss werde ich fündig. Kleine Täfelchen in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen, schick verpackt in einer schlichten, aber ansprechenden Dose. Da kann die Beschenkte sich die Auswahl ansehen, sie prüfen und sich etwas Gutes rauspicken.

    „Prüft alles und behaltet das Gute.“

    Das sagt der Apostel Paulus. Und natürlich geht es bei ihm nicht um Essen. Oder nur ein bisschen. Denn in Jerusalem hatte es über die Frage, ob man Götzenopferfleisch essen darf oder nicht, kurz zuvor eine heftige Auseinandersetzung zwischen Petrus (Nein!) und Paulus (Ja. Muss aber nicht sein.) gegeben.

    Hier nun geht es darum, das Richtige zu tun. Wir, die wir das lesen oder hören, bekommen aber nun leider nicht gesagt, was richtig und gut ist, sondern wir werden aufgefordert, selbst alles zu prüfen und dann eine Entscheidung zu treffen. Eine Entscheidung für das Gute. Im Griechischen heißt das Gute an dieser Stelle „Kalos“ – Das Schöne, das Passende, das Gute, das Richtige. Was soll das aber sein? Und warum schreibt Paulus so etwas? 

    Werfen wir einen Blick auf die Zeit, in der dieser Brief an die Gemeinde in Thessaloniki verschickt wurde, ungefähr zur Jahreswende 50/51 nach Christus. Es ist tatsächlich der erste Brief des Paulus und damit das früheste uns erhaltene christliche Dokument überhaupt. Viele Zeitzeugen von Jesus leben noch, und an vielen Orten entstehen die ersten kleinen christlichen Gemeinden. So auch in Thessaloniki, einer quirligen Großstadt mit ca. 30.000 Einwohnern aus Griechenland, Rom, Ägypten, Thrakien und anderen Ländern. Sie alle haben verschiedene Religionen und Lebensweisen. Sehr wahrscheinlich gab es auch eine kleine jüdische Gemeinde.

    Ein Missionsteam aus Paulus, Silvanus und Timotheus hat dort das Evangelium verkündet und die erste Gemeinde gegründet. Vermutlich eine kleine Gemeinde aus Frauen und Männern, Sklaven und Freien, Handwerkerinnen, Handwerkern und Kaufleuten, die sich im Haus einer ihrer wohlhabenderen Mitglieder versammelte. Aber schon kurz nach der Abreise der drei Missionare tauchen wichtige Fragen innerhalb der Gemeinde auf: Sollen die jüdischen Regeln übernommen werden und neue männliche Gemeindemitglieder sich beschneiden lassen oder doch nicht? Sollen die jüdischen Speisegebote eingehalten werden? Was ist mit den Menschen, die sterben, bevor Jesus Christus wiederkommen wird? 

    Zunächst wird Timotheus für einen kurzen Besuch nach Thessaloniki geschickt, dann aber schreiben Paulus und seine Begleiter einen Brief, der die drängenden Fragen beantwortet (Auch die Verstorbenen werden durch Jesus zu Gott gelangen, vgl. 1. Thess.4,13ff), und der Gemeinde zugleich auch Mut machen soll, einen eigenen Weg im Glauben zu finden. Der Brief selbst beginnt mit Dank und Lob und schließt mit einer Reihe von Ermahnungen für das weitere Leben in der Gemeinde, darunter eben auch mit dem Vers, der zu unserer Jahreslosung geworden ist. 

    „Alles prüft – Das Schöne und Richtige, das Gute behaltet.“

    Im Brief bezieht sich diese Aussage wohl auf den Vers davor: „Prophetische Rede verachtet nicht.“ (1. Thess. 5,20) Mit prophetischer Rede ist dabei keine Zukunftsweissagung gemeint, sondern eine Predigt, die das Evangelium weitergibt und den Glauben stärkt: Hört euch alles an. Seid aufmerksam. Dann entscheidet.

    Prüft alles, das Gute behaltet. 

    Trifft diese Aufforderung nicht auch heute mitten ins Schwarze?  In einer Zeit, in der oft nicht einander zugehört und miteinander gesprochen, sondern eher übereinander geredet oder sich sogar gegenseitig niedergebrüllt wird, ist es gut, sich diesen Satz immer wieder einmal sagen zu lassen. Wir erleben gerade viele Umbrüche, politisch und gesellschaftlich, aber auch in der Kirche. Wohin wird sich unsere Kirche weiterentwickeln? In welcher Kirche möchten wir leben und wirken? Was können wir für andere tun? Prüfen wir ruhig das Alte: die Traditionen, die liebgewonnenen, vertrauten Rituale, das, was über viele, viele Jahre und Jahrhunderte gewachsen ist. Und auch das Neue: ungewöhnlichen Ideen und phantasievolle Projekte, neue Formen der Zusammenarbeit und Verkündigung. Probieren wir aus, prüfen wir – und das Gute, das, was Menschen berührt und sie trägt, lasst uns behalten und anderen davon erzählen. Wir müssen nicht alle dasselbe tun, so wie auch damals die christlichen Gemeinden sehr unterschiedlich waren, je nachdem, wo sie lebten. Unsere Vielfalt ist und bleibt unsere Stärke. 

    Wir gehen mit der Jahreslosung in das neue Jahr. Und nehmen den Gruß und den Segen von Paulus an die Gemeinde in Thessaloniki mit:

    „Der Gott des Friedens heilige euch durch und durch und bewahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus. Treu ist er, der euch ruft… Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch!“ (1. Thess. 5,23f und 28)

    Es grüßt Sie herzlich Ihre stellvertretende Dekanin
    Birgit Schlegel

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